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Gipfelerklärung anlässlich des Treffens des Nordatlantikrats auf Ebene der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs der NATO am 10. Juli 2024 in Washington
1. Wir, die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs des Nordatlantischen Bündnisses, sind in Washington zusammengekommen, um den 75. Jahrestag der Gründung unseres Bündnisses feierlich zu begehen. Einst zur Wahrung des Friedens gegründet, bleibt die NATO das stärkste Bündnis der Geschichte. Wir stehen angesichts eines brutalen Angriffskriegs auf dem europäischen Kontinent zu einer für unsere Sicherheit kritischen Zeit geeint und solidarisch zueinander. Wir bekräftigen den fortwährenden transatlantischen Bund zwischen unseren Nationen. Die NATO ist und bleibt das einzigartige, grundlegende und unverzichtbare transatlantische Forum für Konsultationen, Abstimmung und Maßnahmen zu allen Fragen, die unsere individuelle und kollektive Sicherheit betreffen. Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis. Unsere Verpflichtung, einander gegenseitig sowie jeden Zentimeter des Bündnisgebiets zu jeder Zeit zu verteidigen, so wie es in Artikel 5 des Vertrags von Washington festgeschrieben ist, ist unerschütterlich. Wir werden weiterhin unsere kollektive Verteidigung gegen alle Bedrohungen und aus allen Richtungen auf der Grundlage eines 360-Grad-Ansatzes gewährleisten, um die drei Kernaufgaben der NATO – Abschreckung und Verteidigung, Krisenprävention und -bewältigung sowie kooperative Sicherheit – zu erfüllen. Unsere gemeinsamen Werte – individuelle Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit – verbinden uns. Wir bekennen uns zum Völkerrecht und zu den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen und sind entschlossen, die regelbasierte internationale Ordnung aufrechtzuerhalten.
2. Wir heißen unseren zweiunddreißigsten und neuesten Verbündeten, Schweden, herzlich willkommen. Der historische Beitritt Finnlands und Schwedens macht diese Länder sicherer und unser Bündnis stärker, unter anderem im Hohen Norden und in der Ostsee. Jede Nation hat das Recht, ihre eigenen Sicherheitsvereinbarungen zu wählen. Wir bekräftigen unser Bekenntnis zur Politik der offenen Tür der NATO im Einklang mit Artikel 10 des Vertrags von Washington.
3. Russlands umfassende Invasion der Ukraine hat den Frieden und die Stabilität im euroatlantischen Raum zunichtegemacht und die Sicherheit weltweit schwerwiegend untergraben. Russland bleibt die größte und unmittelbarste Bedrohung für die Sicherheit der Verbündeten. Der Terrorismus in all seinen Erscheinungsformen und Ausprägungen stellt die unmittelbarste asymmetrische Bedrohung für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger und für Frieden und Wohlstand auf der Welt dar. Die Bedrohungen, denen wir gegenüberstehen, sind global und greifen ineinander.
4. Strategischer Wettbewerb, weitreichende Instabilität und wiederkehrende Schocks prägen unser breiteres Sicherheitsumfeld. Konflikte, Fragilität und Instabilität in Afrika und im Nahen Osten haben unmittelbare Auswirkungen auf unsere Sicherheit und die Sicherheit unserer Partner. Dort, wo diese Entwicklungen vorherrschen, tragen sie mit zu Flucht und Vertreibung bei und geben damit Menschenhandel und irregulärer Migration Auftrieb. Die destabilisierenden Handlungen Irans beeinträchtigen die euroatlantische Sicherheit. Die von der Volksrepublik China erklärten Ziele und ihre Politik des Zwangs stellen unsere Interessen, unsere Sicherheit und unsere Werte weiter vor Herausforderungen. Die immer enger werdende strategische Partnerschaft zwischen Russland und China und deren sich gegenseitig verstärkende Versuche, die regelbasierte internationale Ordnung zu unterhöhlen und umzugestalten, geben Anlass zu großer Sorge. Wir sind hybriden, Cyber-, Weltraum- und anderen Bedrohungen sowie böswilligen Aktivitäten durch staatliche und nichtstaatliche Akteure ausgesetzt.
5. Anlässlich dieses Gipfels zum 75-jährigen Jubiläum unternehmen wir weitere Schritte, um unsere Abschreckung und Verteidigung zu stärken, unsere langfristige Unterstützung für die Ukraine zu erhöhen, damit sie den Kampf um ihre Freiheit gewinnen kann, und die Partnerschaften der NATO zu vertiefen. Wir heißen den ukrainischen Präsidenten Selensky, die Staats‑ und Regierungschefs Australiens, Japans, Neuseelands und der Republik Korea sowie die Spitze der Europäischen Union herzlich willkommen.
6. Wir begrüßen, dass mehr als zwei Drittel der Verbündeten die Verpflichtung erfüllt haben, jährlich mindestens 2 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigungsausgaben aufzuwenden, und würdigen diejenigen Verbündeten, die dies übertroffen haben. Die Verbündeten stocken auf: Die Verteidigungsausgaben der europäischen Verbündeten und Kanadas sind 2024 um 18 Prozent gestiegen, was den größten Anstieg seit Jahrzehnten darstellt. Sie investieren zudem mehr in moderne Fähigkeiten und erhöhen ihre Beiträge zu Operationen, Missionen und Aktivitäten der NATO. Wir bekräftigen unser fortdauerndes Bekenntnis zur vollständigen Umsetzung der in Vilnius vereinbarten Zusage zu Investitionen im Verteidigungsbereich (Defence Investment Pledge) und erkennen, dass dringend mehr benötigt wird, um unseren Verpflichtungen als NATO-Verbündete nachhaltig nachzukommen. Wir bekräftigen, dass in vielen Fällen Ausgaben über 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes nötig sein werden, um bestehende Defizite zu beheben und in allen Bereichen die Anforderungen zu erfüllen, die aus einer stärker umkämpften Sicherheitsordnung erwachsen.
7. Wir haben die bedeutendste Stärkung unserer kollektiven Verteidigung seit einer Generation unternommen. Wir setzen die Beschlüsse der Gipfeltreffen von Madrid und Vilnius zur Modernisierung der NATO für ein neues Zeitalter der kollektiven Verteidigung um. Wir können die Möglichkeit eines Angriffs auf die Souveränität und die territoriale Unversehrtheit von Verbündeten nicht ausschließen. Wir haben unser Abschreckungs- und Verteidigungsdispositiv verstärkt, um jedem potenziellen Gegner jede Möglichkeit zur Aggression zu verwehren. Wir arbeiten weiterhin an der Verbesserung der NATO-Abschreckung und -Verteidigung gegen alle Bedrohungen und Herausforderungen in allen Bereichen und aus verschiedenen strategischen Richtungen im gesamten euroatlantischen Raum. Wir haben kampfbereite Kräfte vor Ort an der NATO-Ostflanke eingesetzt, die Vorneverteidigung gestärkt und die Fähigkeit des Bündnisses, jeden bedrohten Verbündeten schnell zu verstärken, verbessert. Wir verfügen über eine neue Generation von NATO-Verteidigungsplänen, die das Bündnis stärken und noch besser in die Lage versetzen, jeden potenziellen Gegner abzuschrecken und sich, falls erforderlich, gegen ihn zu verteidigen, auch kurzfristig oder ohne jede Vorlaufzeit. Wir sind entschlossen, die benötigten Kräfte mit hohem Bereitschaftsgrad in allen Bereichen zu liefern, einschließlich einer robusten und agilen Bündnisreaktionskraft (Allied Reaction Force). Wir treiben die Modernisierung unserer kollektiven Verteidigung weiter voran und:
- liefern die nötigen Kräfte, Fähigkeiten, Ressourcen und Infrastrukturen für unsere neuen Verteidigungspläne, um auf hochintensive und bereichsübergreifende Maßnahmen der kollektiven Verteidigung vorbereitet zu sein. Diesbezüglich werden wir auf den erzielten Fortschritten aufbauen und sicherstellen, dass die erhöhten nationalen Verteidigungsausgaben und die erhöhte Gemeinschaftsfinanzierung der NATO den Herausforderungen einer stärker umkämpften Sicherheitsordnung entsprechen;
- führen häufigere und größer angelegte Ausbildungsmaßnahmen und Übungen unserer Pläne durch, um unsere Fähigkeit, jeden potenziell bedrohten Verbündeten zu verteidigen und schnell zu verstärken, unter Beweis zu stellen – mit „Steadfast Defender 24“ als der größten Militärübung der NATO seit einer Generation;
- ergreifen im Einklang mit dem Verteidigungsplanungsprozess der NATO dringende Maßnahmen zur Fähigkeitssteigerung, auch kurzfristig, wobei unser Schwerpunkt zunächst unter anderem auf kampfentscheidenden Munitionen sowie Flug- und Raketenabwehr liegen wird. Wir begrüßen kollektive und gemeinsame Beschaffungsinitiativen auf der Grundlage unserer Erfordernisse und im Einklang mit dem NATO-Verteidigungsplanungsprozess. Wir beschleunigen die Transformation und die Integration neuer Technologien und Innovationen, unter anderem durch einen Plan zur verbesserten Technologieaneignung. Ferner modernisieren wir unsere Fähigkeit zur Luftraumüberwachung;
- stärken unser NATO-Führungssystem und übertragen entscheidende Führungsfunktionen an national bereitgestellte Hauptquartiere;
- stärken unsere Fähigkeit, unsere Kräfte zu verlegen, zu verstärken, zu versorgen und aufrechtzuhalten, um auf Bedrohungen im gesamten Bündnisgebiet zu reagieren, auch indem wir eine wirksame und resiliente Logistik nutzen und militärische Mobilitätskorridore entwickeln;
- gewährleisten die Ausbildung und Übungen der Landstreitkräfte der NATO-Vornepräsenz und integrieren sie in die neuen Pläne, auch indem wir unsere Vorneverteidigung an der NATO-Ostflanke weiter stärken;
- schöpfen den Beitritt Finnlands und Schwedens sowie die Fähigkeiten, die sie mit in das Bündnis bringen, voll aus, indem wir sie vollständig in unsere Pläne, Kräfte und Kommandostrukturen integrieren, unter anderem durch die Entwicklung einer NATO-Präsenz in Finnland;
- beschleunigen die Integration des Weltraums in unsere Planungen, Übungen und bereichsübergreifende Operationen, insbesondere indem wir die Kapazitäten des NATO-Zentrums für Weltraumoperationen (NATO Space Operations Centre) stärken;
- gründen das NATO-Zentrum für Integrierte Cyberabwehr (NATO Integrated Cyber Defence Centre) zur Verbesserung des Netzwerkschutzes, des Lagebilds und der Berücksichtigung des Cyberraums als Einsatzbereich in Friedens-, Krisen- und Konfliktzeiten; und entwickeln Leitlinien zur Erhöhung der Sicherheit der NATO-Netzwerke;
- stärken den Schutz kritischer Unterwasserinfrastrukturen und verbessern unsere Fähigkeit, Bedrohungen abzuschrecken, zu erkennen und auf diese zu reagieren, einschließlich durch die ständige Weiterentwicklung des NATO-Zentrums für die Sicherheit kritischer Unterwasserinfrastruktur (NATO Centre for Security of Critical Undersea Infrastructure);
- investieren in unsere Fähigkeiten zur Verteidigung gegen chemische, biologische, radiologische und nukleare Bedrohungen, um in allen Umgebungen wirksam agieren zu können;
- beschleunigen die Umsetzung von NATO-Standards und vereinbaren die erforderlichen Maßnahmen zur Steigerung und Stärkung unserer Interoperabilität.
8. Wir sind entschlossen, gegen alle Bedrohungen aus der Luft oder durch Flugkörper Abschreckungs- und Verteidigungsmaßnahmen zu ergreifen, indem wir unsere Integrierte Flug- und Raketenabwehr (Integrated Air and Missile Defence, IAMD) auf der Grundlage eines 360-Grad-Ansatzes verstärken. Wir haben die IAMD-Leitlinie der NATO aktualisiert und werden unsere Reaktionsfähigkeit, Reaktionsschnelligkeit und Integration anhand verschiedener Initiativen weiter erhöhen, etwa durch die Umsetzung des IAMD-Rotationsmodells im gesamten euroatlantischen Raum, mit einem vorläufigen Schwerpunkt auf der Ostflanke. Die Verbündeten sind weiterhin entschlossen, die Wirksamkeit der IAMD zu steigern und sämtliche Maßnahmen zu ergreifen, um auf das Sicherheitsumfeld zu reagieren. Wir freuen uns bekanntzugeben, dass die Abwehr ballistischer Raketen (Ballistic Missile Defence, BMD) der NATO die erhöhte Einsatzfähigkeit erreicht hat. Die Fertigstellung des Aegis Ashore Standorts im polnischen Redzikowo ergänzt bereits bestehende Standorte in Rumänien, Spanien und der Türkei. Die Verbündeten verpflichten sich weiterhin zur vollständigen Entwicklung der BMD-Fähigkeit der NATO, um die kollektive Verteidigung des Bündnisses weiterzuverfolgen und für die Bevölkerungen, das Gebiet und die Streitkräfte aller europäischen NATO-Staaten vollständige Abdeckung und Schutz vor der zunehmenden Bedrohung durch die Verbreitung ballistischer Raketen zu bieten. Die Raketenabwehr kann die abschreckende Rolle von Kernwaffen ergänzen; sie kann sie nicht ersetzen.
9. Nukleare Abschreckung ist der Eckpfeiler der Sicherheit des Bündnisses. Der grundlegende Zweck der nuklearen Fähigkeit der NATO ist die Wahrung des Friedens, die Vorbeugung von Zwangsmaßnahmen und die Abschreckung von Aggression. Solange es Kernwaffen gibt, wird die NATO ein nukleares Bündnis bleiben. Die NATO bekräftigt ihr Bekenntnis zu sämtlichen Beschlüssen, Grundsätzen und Verpflichtungen in Bezug auf die nukleare Abschreckung, die Rüstungskontrollpolitik und die Nichtverbreitungs- und Abrüstungsziele der NATO, wie sie im Strategischen Konzept von 2022 und im Kommuniqué von Vilnius von 2023 festgehalten wurden. Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung haben einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, die sicherheitspolitischen Ziele des Bündnisses zu erreichen und die strategische Stabilität und unsere kollektive Sicherheit zu gewährleisten, und sollten dies weiter tun. Die NATO ist unverändert entschlossen, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, um die Glaubwürdigkeit, die Wirksamkeit und die Sicherheit des nuklearen Abschreckungsauftrags des Bündnisses zu gewährleisten, einschließlich durch Modernisierung ihrer nuklearen Fähigkeiten, Stärkung ihrer nuklearen Planungsfähigkeit und entsprechender Anpassung.
10. Grundlage des Abschreckungs- und Verteidigungsdispositivs der NATO ist eine geeignete Mischung aus nuklearen, konventionellen und Raketenabwehrfähigkeiten, ergänzt durch Weltraum- und Cyberfähigkeiten. Wir werden militärische und nichtmilitärische Mittel auf verhältnismäßige, kohärente und integrierte Weise einsetzen, um alle Bedrohungen unserer Sicherheit abzuschrecken und auf die Art, zu dem Zeitpunkt und im Bereich unserer Wahl darauf zu reagieren.
11. Die transatlantische Zusammenarbeit der wehrtechnischen Industrie ist ein entscheidender Bestandteil des Abschreckungs- und Verteidigungsdispositivs der NATO. Eine gestärkte wehrtechnische Industrie in ganz Europa und Nordamerika sowie eine vertiefte Zusammenarbeit der wehrtechnischen Industrie zwischen den Verbündeten macht uns fähiger und versetzt uns besser in die Lage, die Erfordernisse der NATO-Verteidigungspläne zeitnah zu erfüllen. Dies untermauert die unmittelbare und anhaltende Unterstützung der Verbündeten für die Ukraine. Wir werden weiterhin Handels- und Investitionshindernisse zwischen den Verbündeten im Verteidigungsbereich gegebenenfalls verringern und abschaffen. Auf der Grundlage des beim Gipfeltreffen in Vilnius 2023 vereinbarten Aktionsplans zur wehrtechnischen Produktion (Defence Production Action Plan) verpflichten wir uns, als Verbündete mehr gemeinsam zu tun, etwa um die wehrtechnische Industrie im gesamten Bündnis zu stärken, durch rasches Handeln die wichtigsten Fähigkeiten zu liefern und unser Bekenntnis zu den NATO-Standards zu festigen. Zu diesem Zweck haben wir heute die NATO-Zusage zur Ausweitung der Industriekapazitäten (NATO Industrial Capacity Expansion Pledge) vereinbart.
12. Die nationale und kollektive Resilienz bildet für eine glaubhafte Abschreckung und Verteidigung und für die wirkungsvolle Erfüllung der Kernaufgaben des Bündnisses im Rahmen eines 360-Grad-Ansatzes eine wesentliche Grundlage. Resilienz ist sowohl eine nationale Zuständigkeit als auch eine kollektive Verpflichtung, die in Artikel 3 des Vertrags von Washington verankert ist. Die Stärkung der nationalen und bündnisweiten Abschreckungs- und Verteidigungsbereitschaft erfordert einen gesamtstaatlichen Ansatz, die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor sowie Überlegungen zur gesellschaftlichen Resilienz. Wir verpflichten uns, auf unseren laufenden Bemühungen zur Stärkung der nationalen Resilienz aufzubauen, indem wir die zivile Planung in die nationale und kollektive Verteidigungsplanung in Friedens-, Krisen- und Konfliktzeiten integrieren. Wir werden unsere Resilienz weiter stärken, indem wir die kollektiven Erkenntnisse, Einsatzbereitschaft und Fähigkeiten des Bündnisses im Hinblick auf alle Gefahren und in allen Bereichen steigern, um wachsenden strategischen Bedrohungen entgegenzuwirken, einschließlich solcher, die sich gegen unsere demokratischen Systeme, kritische Infrastruktur und Lieferketten richten. Wir werden die erforderlichen Fähigkeiten einsetzen, um die ganze Bandbreite an böswilligen Aktivitäten zu ermitteln, uns dagegen zu verteidigen und darauf zu reagieren. Ferner werden wir konkrete Schritte unternehmen, um die Zusammenarbeit mit unseren Partnern zu vertiefen, die ähnliche Anstrengungen unternehmen, insbesondere mit der Europäischen Union.
13. Staatliche und nichtstaatliche Akteure begehen zunehmend aggressive hybride Handlungen gegen Verbündete. Wir werden gegenüber hybriden Bedrohungen und Herausforderungen weiterhin Vorbereitung, Abschreckung, Verteidigung und Abwehr leisten. Wir bekräftigen, dass hybride Operationen gegen Verbündete so schwerwiegend wie ein bewaffneter Angriff sein und dazu führen könnten, dass der Nordatlantikrat Artikel 5 des Vertrags von Washington ausruft.
14. Wir werden unsere individuelle und kollektive Fähigkeit zur Analyse und Abwehr böswilliger Desinformations- und Falschinformationsoperationen weiterhin ausbauen. Die NATO stimmt sich eng mit Verbündeten und Partnern ab. Wir haben unsere Warn- und Austauschmechanismen erhöht und unsere gemeinsamen Reaktionsmaßnahmen gestärkt, insbesondere im Bereich der strategischen Kommunikation.
15. Wir freuen uns, im Rahmen des NATO-Ukraine-Rats mit Präsident Selensky zusammenzukommen. Wir bekräftigen unsere unerschütterliche Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung bei der heldenhaften Verteidigung ihres Staates, ihres Gebietes sowie unserer gemeinsamen Werte. Eine starke, unabhängige und demokratische Ukraine ist für die Sicherheit und die Stabilität des euroatlantischen Raums unerlässlich. Der Kampf der Ukraine für ihre Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen trägt unmittelbar zur euroatlantischen Sicherheit bei. Wir begrüßen die Ankündigungen von Verbündeten, der Ukraine zusätzliche kritische Flugabwehrsysteme sowie weitere militärische Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen. Um der Ukraine zu helfen, sich heute zu verteidigen und Russland von künftigen Aggressionen abzuschrecken, haben wir:
- die Einrichtung der NATO-Sicherheitsunterstützung und -Ausbildung für die Ukraine (NATO Security Assistance and Training for Ukraine, NSATU) beschlossen, um die Bereitstellung von militärischer Ausrüstung und Ausbildung für die Ukraine durch Verbündete und Partner zu koordinieren. Ziel ist es, die Sicherheitsunterstützung für die Ukraine auf eine dauerhafte Grundlage zu stellen und somit eine verbesserte, vorhersehbare und kohärente Unterstützung zu gewährleisten. Die NSATU, die in den Bündnisstaaten tätig sein wird, wird die Selbstverteidigung der Ukraine im Einklang mit der VN-Charta unterstützen. Die NSATU wird im völkerrechtlichen Sinne keine Konfliktpartei aus der NATO machen. Sie wird die Transformation der ukrainischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte unterstützen und somit die weitere Verflechtung der Ukraine mit der NATO ermöglichen;
- eine Zusage zur langfristigen Sicherheitsunterstützung für die Ukraine zur Bereitstellung von militärischer Ausrüstung, Hilfe und Ausbildung angekündigt, um die Ukraine dabei zu unterstützen, Kräfte aufzubauen, die die russische Aggression erfolgreich bekämpfen können. Mit Hilfe proportionaler Beiträge beabsichtigen die Verbündeten, innerhalb des kommenden Jahres eine elementare Mindestfinanzierung in Höhe von 40 Milliarden Euro bereitzustellen und ein dauerhaftes Maß an Sicherheitsunterstützung zu liefern, damit die Ukraine sich durchsetzt;
- die Einrichtung des gemeinsamen NATO-Ukraine-Zentrums für Analyse‑, Aus- und Weiterbildung (Joint Analysis, Training, and Education Centre JATEC), eines wichtigen Pfeilers der praktischen Zusammenarbeit, vorangetrieben, um bisherige Lehren aus Russlands Krieg gegen die Ukraine zu identifizieren und anzuwenden und die Interoperabilität der Ukraine mit der NATO zu steigern;
- die Entscheidung des Generalsekretärs begrüßt, eine/n hochranginge/n NATO-Vertreter/in in der Ukraine zu ernennen.
16. Wir unterstützen in vollem Umfang das Recht der Ukraine, frei und ohne Einflussnahme von außen ihre eigenen Sicherheitsvereinbarungen zu wählen und über ihre eigene Zukunft zu entscheiden. Die Zukunft der Ukraine ist in der NATO. Die Ukraine hat ihre Interoperabilität und ihre politische Integration mit dem Bündnis zunehmend gesteigert. Wir begrüßen die konkreten Fortschritte, die die Ukraine seit dem Gipfel in Vilnius mit Blick auf ihre erforderlichen Reformen in den Bereichen Demokratie, Wirtschaft und Sicherheit erzielt hat. Während die Ukraine diese unerlässlichen Bemühungen fortführt, werden wir sie weiterhin auf ihrem unumkehrbaren Weg hin zur vollständigen euroatlantischen Integration, einschließlich der NATO-Mitgliedschaft, unterstützen. Wir bekräftigen, dass wir in der Lage sein werden, die Ukraine zu einem Bündnisbeitritt einzuladen, wenn die Verbündeten sich einig und die Voraussetzungen erfüllt sind. Die Gipfelbeschlüsse der NATO und des NATO-Ukraine-Rats bilden in Verbindung mit der fortdauernden Arbeit der Verbündeten eine Brücke zur NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. Die Verbündeten werden die Fortschritte der Ukraine im Hinblick auf Interoperabilität sowie zusätzliche erforderliche Reformen im Bereich der Demokratie und des Sicherheitssektors, die die NATO-Außenministerinnen und ‑Außenminister anhand des angepassten Nationalen Jahresprogramms weiterhin bewerten werden, weiterhin unterstützen.
17. Russland trägt die alleinige Verantwortung für seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der eine eklatante Verletzung des Völkerrechts einschließlich der VN-Charta darstellt. Für Menschenrechtsverstöße und -verletzungen, Kriegsverbrechen und weitere Verletzungen des Völkerrechts durch russische Kräfte und Funktionäre kann es keine Straflosigkeit geben. Russland ist für den Tod tausender Zivilpersonen verantwortlich und hat der zivilen Infrastruktur erheblichen Schaden zugefügt. Wir verurteilen auf das Schärfste Russlands verheerende Angriffe des 8. Juli auf die ukrainische Bevölkerung, unter anderem auf Krankenhäuser. Russland muss diesem Krieg unverzüglich ein Ende setzen und im Einklang mit den Resolutionen der VN-Generalversammlung all seine Kräfte vollständig und bedingungslos aus der Ukraine abziehen. Wir werden Russlands illegale Annexionen ukrainischen Hoheitsgebiets einschließlich der Krim niemals anerkennen. Wir rufen Russland ferner auf, all seine Kräfte aus der Republik Moldau und aus Georgien abzuziehen; sie sind ohne Zustimmung dieser Länder dort stationiert.
18. Russland trachtet danach, die euroatlantische Sicherheitsarchitektur grundlegend umzugestalten. Die alle Bereiche umfassende Bedrohung, die für die NATO von Russland ausgeht, wird langfristig bestehen bleiben. Russland unterzieht seine militärischen Fähigkeiten einem Um- und Ausbau und führt seine Luftraumverletzungen und provokativen Aktivitäten fort. Wir stehen solidarisch an der Seite aller Verbündeten, die von diesen Handlungen betroffen sind. Die NATO sucht keine Konfrontation und stellt für Russland keine Bedrohung dar. Wir bleiben bereit, die Kommunikationskanäle mit Moskau aufrechtzuerhalten, um Risiken einzudämmen und Eskalationen zu verhindern.
19. Wir verurteilen Russlands verantwortungslose nukleare Rhetorik und seine als Zwangsmittel eingesetzten Andeutungen nuklearer Maßnahmen, einschließlich seiner angekündigten Stationierung von Atomwaffen in Belarus, die ein Dispositiv der strategischen Einschüchterung vorführen. Russland hat seinen Rückgriff auf Kernwaffensysteme erhöht und die Diversifizierung seiner nuklearen Kräfte weiter vorangetrieben, unter anderem durch die Entwicklung neuartiger Nuklearsysteme und die Aufstellung doppeleinsatzfähiger Waffensysteme kürzerer und mittlerer Reichweite, was alles eine wachsende Bedrohung für das Bündnis darstellt. Russland hat langjährige Rüstungskontrollverpflichtungen und -zusagen verletzt, selektiv umgesetzt und sich von diesen zurückgezogen, wodurch es die globale Rüstungskontroll-, Abrüstungs- und Nichtverbreitungsarchitektur untergraben hat. Wir lehnen jede Stationierung von Kernwaffen in der Erdumlaufbahn ab; dies würde gegen Artikel IV des Weltraum-Vertrags verstoßen und eine schwerwiegende Bedrohung der weltweiten Sicherheit darstellen. Wir sind zutiefst besorgt angesichts des berichteten Einsatzes chemischer Waffen durch Russland gegen ukrainische Streitkräfte.
20. Russland hat zudem im Rahmen einer den gesamten euroatlantischen Raum umfassenden Kampagne seine aggressiven hybriden Aktionen gegen Verbündete verstärkt, unter anderem durch Stellvertreter. Diese umfassen Sabotage, gewaltsame Handlungen, Provokationen an den Bündnisgrenzen, Instrumentalisierung von irregulärer Migration, böswillige Cyberaktivitäten, elektronische Einmischung, Desinformationskampagnen und böswillige politische Einflussnahme sowie wirtschaftliche Zwangsausübung. Diese Aktionen stellen eine Bedrohung für die Bündnissicherheit dar. Wir haben weitere Maßnahmen zur individuellen und kollektiven Abwehr von Russlands hybriden Bedrohungen oder Handlungen beschlossen und werden uns weiterhin eng abstimmen. Die Verbündeten werden sich durch das Verhalten Russlands nicht von ihrer Entschlossenheit und ihrer Unterstützung für die Ukraine abschrecken lassen. Ferner werden wir unsere Partner, die russischen Destabilisierungsmaßnahmen am stärksten ausgesetzt sind, weiter unterstützen, während sie ihre Resilienz gegenüber hybriden Herausforderungen stärken, die auch in unserer Nachbarschaft vorhanden sind.
21. Wir sind entschlossen, das aggressive Vorgehen Russlands einzuschränken und zu bekämpfen und seine Fähigkeit, destabilisierende Aktivitäten gegenüber der NATO und den Verbündeten durchzuführen, abzuwehren. Für unser nächstes Gipfeltreffen werden wir Empfehlungen für den strategischen Ansatz der NATO zu Russland erarbeiten und dabei das sich verändernde Sicherheitsumfeld berücksichtigen.
22. Die Bekämpfung von Terrorismus ist und bleibt für unsere kollektive Verteidigung von wesentlicher Bedeutung. Die Rolle der NATO im Kampf gegen den Terrorismus trägt zu allen drei Kernaufgaben des Bündnisses bei und ist Bestandteil des 360-Grad-Ansatzes des Bündnisses bei der Abschreckung und Verteidigung. Wir werden mit einer Mischung aus Verhütungs-, Schutz- und Verwehrungsmaßnahmen die von Terroristen und Terrororganisationen ausgehenden Bedrohungen und Herausforderungen weiter entschlossen, bestimmt und solidarisch abwehren und abschrecken, uns dagegen verteidigen und auf diese reagieren. Um die Rolle der NATO bei der Bekämpfung des Terrorismus weiter zu stärken, haben wir heute die aktualisierten Leitlinien der NATO zur Terrorismusbekämpfung sowie unseren aktualisierten Aktionsplan zur Stärkung der Rolle der NATO im Kampf der internationalen Staatengemeinschaft gegen den Terrorismus gebilligt. Diese Dokumente werden die Arbeit des Bündnisses zur Terrorismusbekämpfung leiten und Schlüsselbereiche unserer langfristigen Bemühungen aufzeigen. Wir begrüßen die Rolle, die in diesem Zusammenhang der Sonderkoordinator des Generalsekretärs für Terrorismusbekämpfung gespielt hat.
23. Wir rufen alle Länder eindringlich auf, keinerlei Unterstützung für Russlands Aggression zu leisten. Wir verurteilen all diejenigen, die Russlands Krieg in der Ukraine begünstigen und somit verlängern.
24. Belarus ermöglicht diesen Krieg weiterhin, indem es sein Hoheitsgebiet und seine Infrastruktur zur Verfügung stellt. Russlands sich vertiefende politische und militärische Integration von Belarus, einschließlich der Verlegung von hochentwickelten russischen Militärfähigkeiten und von Militärpersonal, hat negative Auswirkungen auf die regionale Stabilität und die Bündnisverteidigung.
25. Die Demokratische Volksrepublik Korea und Iran heizen Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine an, indem sie Russland direkte militärische Unterstützung liefern, etwa in Form von Munitionen und unbemannten Luftfahrzeugen, was schwerwiegende Folgen für die euroatlantische Sicherheit hat und das weltweite Nichtverbreitungsregime untergräbt. Wir verurteilen nachdrücklich die Exporte von Artilleriegeschützen und ballistischen Flugkörpern durch die Demokratische Volksrepublik Korea, die zahlreiche Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen verletzen, und nehmen mit großer Sorge Kenntnis von der Vertiefung der Beziehungen zwischen der Demokratischen Volksrepublik Korea und Russland. Jede Weitergabe ballistischer Raketen und diesbezüglicher Technologie von Iran an Russland würde eine erhebliche Eskalation darstellen.
26. China ist durch seine sogenannte „grenzenlose“ Partnerschaft und seine groß angelegte Unterstützung der russischen wehrtechnischen Basis zu einem entscheidenden Befähiger von Russlands Krieg gegen die Ukraine geworden. Dies verschärft die Bedrohung, die Russland für seine Nachbarn und die euroatlantische Sicherheit darstellt. Wir rufen China auf, als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen mit einer besonderen Verantwortung, die in der VN-Charta niedergelegten Ziele und Grundsätze zu achten, jegliche materielle und politische Unterstützung für die russischen Kriegsanstrengungen einzustellen. Dies schließt auch die Weitergabe von Dual-Use-Material ein, etwa Bauteile für Waffen, Ausrüstungen und Rohstoffe, die als Beiträge für den russischen Verteidigungssektor dienen. China kann nicht den schwersten Krieg der jüngsten europäischen Geschichte ermöglichen, ohne dass dies negative Auswirkungen auf seine Interessen und seinen Ruf hat.
27. China stellt die euroatlantische Sicherheit weiterhin vor systemische Herausforderungen. Wir haben anhaltende böswillige Cyber- und Hybridaktivitäten gesehen, darunter Desinformation, die von China ausgehen. Wir rufen China auf, seiner Zusage in Bezug auf verantwortungsvolles Handeln im Cyberraum nachzukommen. Wir sind besorgt über die Entwicklungen im Bereich der Weltraumfähigkeiten und -aktivitäten Chinas. Wir rufen China auf, internationale Anstrengungen zur Förderung verantwortungsvollen Verhaltens im Weltraum zu unterstützen. China erweitert und diversifiziert weiterhin rapide seine Kernwaffenbestände um weitere Gefechtsköpfe und mehr hoch entwickelte Trägersysteme. Wir rufen China dringend auf, an Gesprächen über strategische Risikominderung teilzunehmen und Stabilität durch Transparenz zu fördern. Wir bleiben für konstruktive Gespräche mit China offen, auch zum Aufbau gegenseitiger Transparenz, mit dem Ziel der Wahrung der Sicherheitsinteressen des Bündnisses. Gleichzeitig bauen wir unser gemeinsames Lagebild aus, erhöhen unsere Resilienz und Einsatzbereitschaft und schützen uns gegen Chinas Taktik des Zwangs und seine Versuche, das Bündnis zu spalten.
28. Die NATO-Partnerschaften sind und bleiben entscheidend, um die Stabilität zu verbessern, das globale Sicherheitsumfeld positiv zu beeinflussen und das Völkerrecht zu wahren. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der drei Kernaufgaben der NATO und unseres 360-Grad-Sicherheitsansatzes. Wir werden den politischen Dialog und die praktische Zusammenarbeit mit Partnern auf der Grundlage des gegenseitigen Respekts, Nutzens und Interesses sowohl der Verbündeten als auch der Partner weiter stärken. Wir kommen im Rahmen dieses Jubiläumsgipfels mit unseren Partnern zusammen, auch um das dreißigjährige Bestehen der Partnerschaft für den Frieden (PfP) und des Mittelmeerdialogs (MD) sowie das zwanzigjährige Bestehen der Istanbuler Kooperationsinitiative (ICI) zu begehen. Wir sind unseren Partnern für ihre bedeutenden Beiträge zu den Operationen und Missionen der NATO dankbar. Wir begrüßen die Anstrengungen der Republik Moldau zur Fortführung ihrer demokratischen Reformen, während sie, wie auch Bosnien und Herzegowina, ihre europäische Integration voranbringt, und verpflichten uns, die Sicherheits- und Verteidigungsfähigkeiten dieser Länder zu unterstützen und ihre Fähigkeit zur Bekämpfung hybrider Bedrohungen zu verbessern. Wir stärken zudem unsere Zusammenarbeit mit bestehenden und potenziellen neuen Gesprächspartnern jenseits des euroatlantischen Raums, sofern dies unsere gegenseitige Sicherheit steigern könnte.
29. Die Europäische Union bleibt ein einzigartiger und unentbehrlicher Partner für die NATO. Die Zusammenarbeit zwischen der NATO und der EU hat ein beispielloses Maß erreicht. Die praktische Zusammenarbeit zu den Themen Weltraum, Cyberraum, Klima und Verteidigung sowie im Bereich der neuen und disruptiven Technologien wurde gestärkt und erweitert. Im Zusammenhang mit der Ukraine hat die Zusammenarbeit zwischen der NATO und der EU weiter an Bedeutung gewonnen. Die NATO weiß um den Wert einer stärkeren und leistungsfähigeren europäischen Verteidigung, die einen positiven Beitrag zur transatlantischen und weltweiten Sicherheit leistet, die NATO ergänzt und mit ihr interoperabel ist. Die Entwicklung kohärenter, einander ergänzender und interoperabler Verteidigungsfähigkeiten, bei denen unnötige Dopplungen vermieden werden, ist für unsere gemeinsamen Anstrengungen, den euroatlantischen Raum sicherer zu machen, von entscheidender Bedeutung. Für die strategische Partnerschaft zwischen der NATO und der EU ist die größtmögliche Einbindung der nicht zur EU gehörenden Verbündeten in die EU-Anstrengungen im Verteidigungsbereich von wesentlicher Bedeutung. Wir werden unsere strategische Partnerschaft im Geiste der völligen gegenseitigen Offenheit, Transparenz und Komplementarität sowie der Achtung der unterschiedlichen Aufträge der Organisationen, der Beschlussfassungsautonomie und der institutionellen Integrität, wie von den beiden Organisationen vereinbart, weiter stärken. Wir sehen der engen Zusammenarbeit mit der neuen Spitze der EU auf der Grundlage unserer langjährigen Kooperation erwartungsvoll entgegen.
30. Wir werden bei einem Treffen mit der politischen Führung Australiens, Japans, Neuseelands und der Republik Korea sowie der Europäischen Union gemeinsame sicherheitspolitische Herausforderungen und Kooperationsbereiche besprechen. Der indopazifische Raum ist für die NATO wichtig, da Entwicklungen in dieser Region unmittelbare Auswirkungen auf die euroatlantische Sicherheit haben. Wir begrüßen die fortdauernden Beiträge unserer asiatisch-pazifischen Partner zur euroatlantischen Sicherheit. Wir stärken den Dialog, um regionenübergreifende Herausforderungen anzugehen, und erweitern unsere praktische Zusammenarbeit, unter anderem durch Leuchtturmprojekte in den Bereichen Ukraine-Unterstützung, Cyberabwehr, Desinformationsabwehr und Technologie. Diese Projekte werden es uns erlauben, im Bereich gemeinsamer sicherheitspolitischer Interessen effektiver zusammenzuarbeiten.
31. Die Westbalkanstaaten und der Schwarzmeerraum sind für das Bündnis von strategischer Bedeutung. Wir bekennen uns nach wie vor nachdrücklich zu ihrer Sicherheit und Stabilität. Wir werden unseren politischen Dialog und unsere praktische Zusammenarbeit mit den Westbalkanstaaten weiter verbessern, um Reformen sowie den Frieden und die Sicherheit in der Region zu unterstützen und böswillige Einflussnahme einschließlich Desinformation sowie hybride und Cyberbedrohungen sowohl durch staatliche als auch nichtstaatliche Akteure abzuwehren. Demokratische Werte, Rechtsstaatlichkeit, innerstaatliche Reformen und gutnachbarschaftliche Beziehungen sind für die regionale Zusammenarbeit und die euroatlantische Integration von entscheidender Bedeutung, und wir richten unsere Erwartungen auf weitere Fortschritte diesbezüglich. Wir bleiben dem anhaltenden Engagement der NATO in den Westbalkanstaaten verpflichtet, einschließlich durch die NATO-geführte Kosovo-Truppe (KFOR). Wir bekräftigen unsere anhaltende Unterstützung für die regionalen Anstrengungen der Verbündeten, die darauf abzielen, die Sicherheit, die Stabilität und die Freiheit der Schifffahrt im Schwarzmeerraum zu gewährleisten, gegebenenfalls auch durch das Übereinkommen von Montreux von 1936. Wir begrüßen die Aktivierung der Arbeitsgruppe zur Minenabwehr im Schwarzen Meer durch die drei Anrainerverbündeten. Wir werden die Entwicklungen in der Region weiter beobachten und bewerten sowie unser Lagebild verbessern, mit besonderem Schwerpunkt auf den Bedrohungen für unsere Sicherheit und auf den potenziellen Gelegenheiten, gegebenenfalls enger mit unseren Partnern in der Region zusammenzuarbeiten. Die NATO unterstützt die euroatlantischen Bestrebungen interessierter Länder in dieser Region.
32. Die südliche Nachbarschaft der NATO bietet Gelegenheiten zur Zusammenarbeit in Fragen von gemeinsamem Interesse. Durch unsere Partnerschaften zielen wir darauf ab, mehr Sicherheit und Stabilität im Nahen Osten und in Afrika zu fördern und somit zu Frieden und Wohlstand in der Region beizutragen. In Vilnius haben wir einen umfassenden Reflexionsprozess zu den Bedrohungen, Herausforderungen und Chancen im Süden eingeleitet. Wir haben heute einen Aktionsplan für einen stärkeren, strategischeren und ergebnisorientierten Ansatz für unsere südliche Nachbarschaft verabschiedet, der regelmäßig aktualisiert werden soll. Wir haben den Generalsekretär ersucht, eine/n Sonderbeauftragte/n für die südliche Nachbarschaft zu ernennen, der/die als zentrale/r Ansprechpartner/in der NATO für die Region dienen und die Anstrengungen der NATO koordinieren wird. Wir werden unseren Dialog, unsere Kommunikation, unsere Sichtbarkeit und unsere bestehenden Kooperationsinstrumente, wie die Initiative zum Aufbau von Verteidigungskapazitäten (Defence Capacity Building Initiative), das Koordinierungszentrum für den Süden (Hub for the South) und das NATO-ICI-Regionalzentrum in Kuwait, verstärken. Gemeinsam mit dem Haschemitischen Königreich Jordanien haben wir vereinbart, ein NATO-Verbindungsbüro in Amman zu eröffnen. Auf dem Erfolg der NATO-Mission Irak (NMI) aufbauend und auf Bitten der irakischen Behörden haben wir den Umfang unserer Unterstützung für die irakischen Sicherheitsinstitutionen erweitert und werden unser Engagement im Rahmen der NMI fortführen.
33. Wir haben die Transformation der NATO beschleunigt, um gegenwärtigen und zukünftigen Bedrohungen zu begegnen und unseren technologischen Vorsprung beizubehalten, unter anderem durch die Erprobung und schnellere Aneignung neuer Technologien sowie durch digitale Transformation. Zu diesem Zweck werden wir unsere überarbeitete Strategie zur künstlichen Intelligenz sowie unsere neuen Strategien zu Quanten- und Biotechnologie umsetzen und die Grundsätze der verantwortungsvollen Nutzung, auf denen sich unsere Arbeit gründet, weiter fördern. Ferner werden wir auf dem Erfolg des Beschleunigers von Verteidigungsinnovationen für den Nordatlantik (Defence Innovation Accelerator for the North Atlantic, DIANA) und des NATO-Innovationsfonds (NATO Innovation Fund, NIF) aufbauen, um weiter in unsere Innovationsökosysteme zu investieren. Wir beobachten die technologischen Fortschritte auf dem Gefechtsfeld in der Ukraine genau und starten neue Innovationsinitiativen mit unseren ukrainischen Partnern.
34. Wir werden weiterhin Überlegungen zum Klimawandel in alle Kernaufgaben integrieren und unsere Anstrengungen zur Energiesicherheit verstärken. Der Klimawandel ist eine prägende Herausforderung und hat tiefgreifende Auswirkungen auf unsere Sicherheit. Die NATO ist unverändert entschlossen, die führende internationale Organisation im Hinblick auf das Verständnis der sicherheitsrelevanten Auswirkungen des Klimawandels und extremer Wetterereignisse sowie die entsprechende Anpassung zu werden. Energie spielt bei der Förderung von Fähigkeiten für die Kernaufgaben und die militärischen Operationen der NATO eine Schlüsselrolle. Wir sind entschlossen, die sichere, resiliente und nachhaltige Energieversorgung unserer Streitkräfte sicherzustellen, einschließlich mit Kraftstoffen. Die NATO und die Verbündeten passen sich in kohärenter und abgestimmter Weise an die Energiewende an. Im Zuge der Anpassung unseres Bündnisses an die gegenwärtige Energiewende werden wir unsere militärische Fähigkeit, Wirksamkeit und Interoperabilität weiterhin gewährleisten.
35. Wir sind entschlossen, die ehrgeizigen NATO-Agenden zu Frauen, Frieden und Sicherheit (WPS) und zur menschlichen Sicherheit in alle Kernaufgaben zu integrieren. Heute haben wir eine aktualisierte WPS-Leitlinie gebilligt, die die Integration der Geschlechterperspektive in alle Aktivitäten und Strukturen der NATO verbessern und die Gleichstellung der Geschlechter innerhalb des Bündnisses fördern und somit die NATO in die Lage versetzen wird, besser auf breitere sicherheitspolitische Herausforderungen zu reagieren. Wir werden zudem unseren auf die menschliche Sicherheit ausgerichteten Ansatz im Zusammenhang mit dem Schutz von Zivilpersonen und Kulturgütern weiter stärken. Zu einer Zeit, da das Völkerrecht sowie grundlegende Normen infrage gestellt werden, bekennen wir uns weiter uneingeschränkt zum humanitären Völkerrecht.
36. Wir würdigen all diejenigen, die unermüdlich für unsere kollektive Sicherheit arbeiten, und ehren all jene, die für unseren Schutz das höchste Opfer erbracht haben oder verletzt wurden, sowie ihre Angehörigen.
37. Vor fünfundsiebzig Jahren wurde die NATO gegründet, um den Frieden zu wahren und die Stabilität im euroatlantischen Raum zu fördern. Wir bleiben fest entschlossen, unsere eine Milliarde Bürgerinnen und Bürger zu schützen, unser Gebiet zu verteidigen und unsere Freiheit und Demokratie zu sichern. Unser Bündnis hat sich bewährt. Die Beschlüsse, die wir gefasst haben, werden sicherstellen, dass die NATO das Fundament unserer gemeinsamen Sicherheit bleibt. Wir möchten Generalsekretär Jens Stoltenberg unseren Dank für die außerordentliche Führungskompetenz aussprechen, die er ein Jahrzehnt lang an der Spitze unseres Bündnisses bewiesen hat, und dies in schwierigen Zeiten. Wir sichern seinem Nachfolger Mark Rutte unsere volle Unterstützung zu.
38. Wir danken den Vereinigten Staaten von Amerika für ihre großzügige Gastfreundschaft. Wir sehen unserem nächsten Gipfeltreffen in Den Haag, Niederlande, im Juni 2025 erwartungsvoll entgegen, dem ein Treffen in der Türkei folgen wird.
Zusage zur langfristigen Sicherheitsunterstützung für die Ukraine
1. Heute bekräftigen wir unser unerschütterliches Bekenntnis zur Ukraine als einem souveränen, demokratischen, unabhängigen Staat. Um dies zu gewährleisten, benötigt die Ukraine unsere langfristige Unterstützung. Seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben die Verbündeten ein beispielloses Maß an politischer, wirtschaftlicher, militärischer, finanzieller und humanitärer Unterstützung geleistet, darunter militärische Hilfen in Höhe von jährlich etwa 40 Milliarden Euro. Ferner haben die Verbündeten ihre wehrtechnische Industriekapazität bereitgestellt, um den Bedarf der Ukraine zu decken. All das zeigt eine beträchtliche Wirkung, die es der Ukraine erlaubt, sich effektiv zu verteidigen und Russland reale und erhebliche Kosten aufzuerlegen.
2. Wir bekräftigen unsere Entschlossenheit, die Ukraine dabei zu unterstützen, Kräfte aufzubauen, die fähig sind, die russische Aggression heute erfolgreich zu bekämpfen und in der Zukunft abzuschrecken. Zu diesem Zweck beabsichtigen wir, innerhalb des kommenden Jahres eine elementare Mindestfinanzierung in Höhe von 40 Milliarden Euro bereitzustellen und ein dauerhaftes Maß an Sicherheitsunterstützung zu liefern, damit die Ukraine sich durchsetzen kann, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Ukraine, unserer jeweiligen nationalen Haushaltsverfahren und der bilateralen Sicherheitsabkommen zwischen Verbündeten und der Ukraine. Die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs werden die Beiträge der Verbündeten im Rahmen künftiger NATO-Gipfeltreffen neu bewerten, erstmalig 2025 auf dem NATO-Gipfel in Den Haag.
3. Unsere Verpflichtung umfasst Kosten im Zusammenhang mit der Bereitstellung von militärischer Ausrüstung und Ausbildung für die Ukraine, unter anderem:
• Erwerb militärischer Ausrüstung für die Ukraine;
• gespendete Sachleistungen für die Ukraine;
• Kosten im Zusammenhang mit der Wartung, der Logistik und dem Transport von militärischer Ausrüstung für die Ukraine;
• Kosten für militärische Ausbildung für die Ukraine;
• Betriebskosten im Zusammenhang mit der Bereitstellung von militärischer Unterstützung für die Ukraine;
• Investitionen in und Unterstützung für die ukrainische Verteidigungsinfrastruktur und -industrie;
• alle Beiträge zu NATO-Treuhandfonds für die Ukraine, einschließlich nichttödlicher Unterstützung.
4. Hierunter zählt jedwede Unterstützung der Ukraine durch die Verbündeten im Einklang mit den obengenannten Kriterien, sei es ob sie durch die NATO, bilateral, multilateral oder auf sonstige Weise geliefert wird. Um eine faire Lastenteilung zu gewährleisten, beabsichtigen die Verbündeten, diese Zusage mittels proportionaler Beiträge zu erfüllen, etwa durch Berücksichtigung ihres jeweiligen Anteils am Bruttoinlandsprodukt des Bündnisses.
5. Die Verbündeten werden der NATO halbjährlich zu der im Zusammenhang mit dieser Zusage geleisteten Unterstützung berichterstatten, wobei der erste Bericht alle Beiträge nach dem 1. Januar 2024 berücksichtigen wird. Auf dieser Grundlage wird der Generalsekretär den Verbündeten eine Übersicht aller mitgeteilten Beiträge vorlegen.
6. Zusätzlich zur militärischen Unterstützung, die diese Zusage beinhaltet, beabsichtigen die Verbündeten, weiterhin politische, wirtschaftliche, finanzielle und humanitäre Unterstützung für die Ukraine zu leisten.
Dies ist eine Übersetzung. Es gilt die englische und die französische Originalfassung.