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Strategisches Konzept der NATO 2022

29.06.2022 - Artikel

Vorwort

Wir, die Staats- und Regierungschefs der NATO-Verbündeten, sind in einer für unsere Sicherheit und für Frieden und Stabilität auf der Welt kritischen Zeit in Madrid zusammengekommen. Heute verabschieden wir ein neues Strategisches Konzept, mit dem wir sicherstellen, dass unser Bündnis für die Zukunft gut aufgestellt und ausgestattet bleibt.

Die NATO hat seit über siebzig Jahren die Freiheit und Sicherheit der Verbündeten gewährleistet. Unser Erfolg ist zurückzuführen auf die Leistung und Opferbereitschaft der Frauen und Männer in unseren Streitkräften. Wir schulden ihnen und ihren Familien große Dankbarkeit.

Wir bleiben festentschlossen, unsere eine Milliarde Bürgerinnen und Bürger zu schützen, unser Gebiet zu verteidigen und unsere Freiheit und Demokratie zu sichern. Wir werden unsere Geschlossenheit, unseren Zusammenhalt und unsere Solidarität stärken, indem wir auf dem fortwährenden transatlantischen Bund zwischen unseren Nationen und der Stärke unserer gemeinsamen demokratischen Werte aufbauen. Wir bekräftigen unser festes Bekenntnis zum Nordatlantikvertrag und zur gegenseitigen Verteidigung gegen alle Bedrohungen unabhängig ihres Ursprungs.

Wir werden weiter auf gerechten, alle Seiten einbeziehenden und dauerhaften Frieden hinarbeiten und bleiben ein Bollwerk der regelbasierten internationalen Ordnung. Wir werden eine globale Perspektive beibehalten und eng mit unseren Partnern, anderen Ländern und internationalen Organisationen wie der Europäischen Union und den Vereinten Nationen zusammenarbeiten, um einen Beitrag zu Frieden und Sicherheit auf der Welt zu leisten.

Unsere Welt ist umkämpft und unvorhersehbar. Der Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine hat den Frieden zunichtegemacht und unser Sicherheitsumfeld schwerwiegend verändert. Ihr brutaler und rechtswidriger Einmarsch, ihre wiederholten Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und ihre abscheulichen Angriffe und Gräueltaten haben unsägliches Leid und entsetzliche Verwüstung verursacht. Eine starke, unabhängige Ukraine ist für die Stabilität des euro-atlantischen Raumes unerlässlich. In dem Verhalten Moskaus zeigt sich ein Muster aggressiven Vorgehens Russlands gegen seine Nachbarn und die breitere transatlantische Gemeinschaft. Wir stehen darüber hinaus der anhaltenden Bedrohung des Terrorismus in all seinen Erscheinungsformen und Ausprägungen gegenüber. Tiefgreifende Instabilität, wachsender strategischer Wettbewerb und fortschreitender Autoritarismus stellen die Interessen und Werte des Bündnisses infrage.

Unser neues Strategisches Konzept bekräftigt, dass es die zentrale Aufgabe der NATO ist, unsere kollektive Verteidigung auf der Grundlage eines 360-Grad-Ansatzes zu gewährleisten. Es bestimmt die drei Kernaufgaben des Bündnisses: Abschreckung und Verteidigung, Krisenprävention und -bewältigung sowie kooperative Sicherheit. Wir unterstreichen die Notwendigkeit, unsere Abschreckung und Verteidigung als Rückgrat unserer Verpflichtung zur gegenseitigen Verteidigung nach Artikel 5 deutlich zu stärken.

Der grundlegende Zweck der nuklearen Fähigkeit der NATO ist die Wahrung des Friedens, die Vorbeugung von Zwangsmaßnahmen und die Abschreckung von Aggression. Solange es Kernwaffen gibt, wird die NATO ein nukleares Bündnis bleiben. Das Ziel der NATO ist eine sicherere Welt für alle; wir streben danach, das Sicherheitsumfeld für eine Welt ohne Kernwaffen zu schaffen.

Das Strategische Konzept betont, dass die Gewährleistung unserer nationalen und kollektiven Resilienz für all unsere Kernaufgaben von entscheidender Bedeutung ist und die Grundlage für unsere Anstrengungen bildet, unsere Nationen, Gesellschaften und gemeinsamen Werte zu schützen. Es unterstreicht darüber hinaus, wie wichtig es ist, als Querschnittsaufgabe in technologische Innovation zu investieren und den Klimawandel, menschliche Sicherheit und die Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ bei all unseren Aufgaben miteinzubeziehen.

Unsere Vision ist eindeutig: Wir wollen in einer Welt leben, in der die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit, Menschenrechte und das Völkerrecht geachtet werden und in der jedes Land frei von Aggression, Zwang oder Subversion seinen eigenen Weg wählen kann. Wir arbeiten mit all jenen zusammen, die diese Ziele teilen. Als Verbündete stehen wir zueinander, um unsere Freiheit zu verteidigen und zu einer friedlicheren Welt beizutragen.

Ziele und Grundsätze

1. Die NATO ist entschlossen, die Freiheit und Sicherheit der Verbündeten zu wahren Ihre zentrale Aufgabe und wichtigste Funktion ist es, unsere kollektive Verteidigung gegen jede Bedrohung aus jeder Richtung sicherzustellen. Wir sind ein Verteidigungsbündnis.

2. Der transatlantische Bund zwischen unseren Nationen ist für unsere Sicherheit unverzichtbar. Unsere gemeinsamen Werte – individuelle Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit – verbinden uns. Wir bekennen uns mit Nachdruck zu den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen und zum Nordatlantikvertrag.

3. Die NATO ist das einzigartige, grundlegende und unverzichtbare transatlantische Forum für Konsultationen, Zusammenarbeit und Maßnahmen zu allen Fragen, die unsere individuelle und kollektive Sicherheit betreffen. Wir werden unser Bündnis auf der Grundlage unserer unteilbaren Sicherheit, der Solidarität und der eisernen Verpflichtung zur gegenseitigen Verteidigung nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrags stärken. Unsere Fähigkeit zur Abschreckung und Verteidigung ist das Rückgrat dieser Verpflichtung.

4. Die NATO wird drei Kernaufgaben – Abschreckung und Verteidigung, Krisenprävention und -bewältigung sowie kooperative Sicherheit – weiter erfüllen. Diese ergänzen sich gegenseitig, um so die kollektive Verteidigung und Sicherheit aller Verbündeten zu gewährleisten.

5. Wir werden unsere individuelle und kollektive Resilienz und unseren technologischen Vorsprung ausbauen. Diese Anstrengungen sind für die Erfüllung der Kernaufgaben des Bündnisses von wesentlicher Bedeutung. Wir werden gute Regierungsführung fördern und den Klimawandel, menschliche Sicherheit und die Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ in all unsere Aufgaben miteinbeziehen. Wir werden die Gleichstellung der Geschlechter als Spiegel unserer Werte weiter fördern.

Strategisches Umfeld

6. Im euro-atlantischen Raum herrscht kein Frieden. Die Russische Föderation hat gegen die Normen und Grundsätze verstoßen, die zu einer stabilen und vorhersehbaren europäischen Sicherheitsordnung beigetragen haben. Wir können die Möglichkeit eines Angriffs auf die Souveränität und territoriale Unversehrtheit von Verbündeten nicht ausschließen. Strategischer Wettbewerb, tiefgreifende Instabilität und widerkehrende Schocks prägen unser breiteres Sicherheitsumfeld. Die Bedrohungen, denen wir gegenüberstehen, sind global und greifen ineinander.

7. Autoritäre Akteure stellen unsere Interessen, unsere Werte und unsere demokratische Lebensweise infrage. Sie investieren mit wenig Transparenz oder Rücksicht auf internationale Normen und Verpflichtungen in fortschrittliche konventionelle, nukleare und Raketenfähigkeiten. Strategische Wettbewerber stellen unsere Resilienz auf die Probe und versuchen, die Offenheit, Vernetzung und Digitalisierung unserer Nationen auszunutzen. Sie mischen sich in unsere demokratische Prozesse und Institutionen ein und nehmen sowohl über Stellvertreter als auch selbst die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger mit hybriden Taktiken ins Visier. Sie verüben böswillige Aktivitäten im Cyber- und Weltraum, fördern Desinformationskampagnen, instrumentalisieren die Migration, manipulieren die Energieversorgung und setzen wirtschaftlichen Zwang ein. Diese Akteure stehen ebenfalls an vorderster Front der Anstrengungen, multilaterale Normen und Institutionen vorsätzlich zu untergraben und autoritäre Regierungsmodelle zu fördern.

8. Die Russische Föderation ist die größte und unmittelbarste Bedrohung für die Sicherheit der Verbündeten und für Frieden und Stabilität im euro-atlantischen Raum. Sie versucht, über Zwang, Subversion, Aggression und Annexion Einflussbereiche zu schaffen und unmittelbare Kontrolle zu erlangen. Sie setzt konventionelle, Cyber- und hybride Mittel gegen uns und unsere Partner ein. Ihr Zwang ausübendes militärisches Dispositiv, ihre Rhetorik und ihre erwiesene Bereitschaft, Gewalt zur Verfolgung politischer Ziele einzusetzen, untergraben die regelbasierte internationale Ordnung. Die Russische Föderation modernisiert ihre nuklearen Kräfte und baut ihre neuartigen und disruptiven doppeleinsatzfähigen Trägersysteme aus, während sie gleichzeitig nukleare Maßnahmen andeutet, um Zwang auszuüben. Sie will Länder östlich und südlich von uns destabilisieren. Im Hohen Norden stellt ihre Fähigkeit, die Verstärkung von Verbündeten und die Freiheit der Schifffahrt im Nordatlantik zu stören, eine strategische Herausforderung für das Bündnis dar. Der militärische Kräfteaufwuchs Moskaus, auch im Ostsee-, Schwarzmeer- und Mittelmeerraum, in Verbindung mit dessen militärischer Integration mit Belarus stellt unsere Sicherheit und Interessen infrage.

9. Die NATO sucht keine Konfrontation und stellt für die Russische Föderation keine Bedrohung dar. Wir werden weiterhin geschlossen und verantwortungsvoll auf Bedrohungen und feindliche Handlungen Russlands reagieren. Wir werden Abschreckung und Verteidigung für alle Verbündeten deutlich stärken, unsere Resilienz gegenüber russischen Zwangsmaßnahmen erhöhen und unsere Partner dabei unterstützen, böswillige Einmischung und Aggression abzuwehren. Angesichts ihrer feindseligen Politik und Handlungen können wir die Russische Föderation nicht als unseren Partner betrachten. Wir bleiben jedoch bereit, die Kommunikationskanäle mit Moskau offen zu halten, um Gefahren zu bewältigen und zu verringern, Eskalation zu verhindern und mehr Transparenz zu schaffen. Wir streben nach Stabilität und Vorhersehbarkeit im euro-atlantischen Raum und zwischen der NATO und der russischen Föderation. Unsere Beziehungen können sich erst dann ändern, wenn die Russische Föderation ihr aggressives Verhalten einstellt und das Völkerrecht in vollem Umfang einhält.

10. Der Terrorismus in all seinen Erscheinungsformen und Ausprägungen stellt die unmittelbarste asymmetische Bedrohung für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger und für Frieden und Wohlstand auf der Welt dar. Terrororganisationen versuchen, Angriffe gegen Verbündete zu verüben oder dazu anzustiften. Durch erweiterte Netzwerke, verbesserte Fähigkeiten und Investitionen in neue Technologien haben sie ihre Reichweite und Vernichtungskraft erhöht. Nichtstaatliche bewaffnete Gruppen, darunter grenzübergreifende terroristische Netzwerke und staatlich unterstützte Akteure, nutzen Konflikte und schwache Regierungsführung weiter aus, um zu rekrutieren, zu mobilisieren und ihre Position auszubauen.

11. Konflikte, Fragilität und Instabilität in Afrika und im Nahen Osten haben unmittelbare Auswirkungen auf unsere Sicherheit und die Sicherheit unserer Partner. Die südliche Nachbarschaft der NATO, insbesondere der Nahe Osten, Nordafrika und die Sahelregion, stehen Herausforderungen in den Bereichen Sicherheit, Demografie, Wirtschaft und Politik gegenüber, die sich gegenseitig bedingen. Diese werden durch die Auswirkungen des Klimawandels, schwache Institutionen, gesundheitliche Notlagen und Ernährungsunsicherheit noch verschlimmert. Diese Situation bildet einen fruchtbaren Boden für die Ausbreitung nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen einschließlich Terrororganisationen. Sie macht es darüber hinaus möglich, dass sich strategische Wettbewerber destabilisierend und mit Zwangsmaßnahmen einmischen können.

12. Tiefgreifende Instabilität führt zu Gewalt gegen Zivilisten einschließlich konfliktbezogener sexueller Gewalt sowie zu Angriffen gegen Kulturgüter und zu Umweltschäden. Sie trägt zu Flucht und Vertreibung bei und heizt den Menschenhandel und die irreguläre Migration an. Diese Entwicklungen stellen ernsthafte grenzübergreifende und humanitäre Herausforderungen dar. Sie untergraben die menschliche Sicherheit und die Sicherheit des Staates und haben unverhältnismäßig große Auswirkungen auf Frauen, Kinder und Minderheiten.

13. Die von der Volksrepublik China erklärten Ziele und ihre Politik des Zwangs stellen unsere Interessen, unsere Sicherheit und unsere Werte vor Herausforderungen. Die Volksrepublik China setzt ein breites Spektrum an politischen, wirtschaftlichen und militärischen Instrumenten ein, um ihren weltweiten Fußabdruck und ihre Machtprojektion zu vergrößern, während sie zu ihrer Strategie, ihren Absichten und ihrem militärischen Kräfteaufwuchs im Vagen bleibt. Die böswilligen hybriden und Cyberoperationen der Volksrepublik China und ihre konfrontative Rhetorik und Desinformation zielen auf die Verbündeten ab und schaden der Sicherheit des Bündnisses. Die Volksrepublik China versucht, Schlüsselbereiche der Technologie- und Industriesektoren, kritische Infrastruktur sowie strategisches Material und Lieferketten unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie setzt ihr wirtschaftliches Gewicht ein, um strategische Abhängigkeiten zu schaffen und ihren Einfluss zu vergrößern. Sie strebt danach, die regelbasierte internationale Ordnung zu untergraben, auch in den Dimensionen Weltraum, Cyber und See. Die immer enger werdende strategische Partnerschaft zwischen der Volksrepublik China und der Russischen Föderation und deren sich gegenseitig verstärkende Versuche, die regelbasierte internationale Ordnung zu unterhöhlen, laufen unseren Werten und Interessen zuwider.

14. Wir bleiben für konstruktive Gespräche mit der Volksrepublik China mit dem Ziel der Wahrung der Sicherheitsinteressen des Bündnisses offen, darunter auch Gespräche zum Aufbau gegenseitiger Transparenz. Wir werden als Verbündete verantwortungsvoll zusammenarbeiten, um die von der Volksrepublik China ausgehenden systemischen Herausforderungen für die euro-atlantische Sicherheit anzugehen und sicherzustellen, dass die NATO dauerhaft in der Lage bleibt, die Verteidigung und Sicherheit der Verbündeten zu garantieren. Wir werden unser gemeinsames Lagebild ausbauen, unsere Resilienz und Einsatzbereitschaft erhöhen und uns gegen die Taktik des Zwangs der Volksrepublik China und ihre Versuche schützen, das Bündnis zu spalten. Wir werden für unsere gemeinsamen Werte und die regelbasierte internationale Ordnung einschließlich der Freiheit der Schifffahrt eintreten.

15. Der Cyberraum ist ständig umkämpft. Böswillige Akteure versuchen, unsere kritische Infrastruktur zu schwächen, unsere staatlichen Dienste zu beeinträchtigen, nachrichtendienstliche Erkenntnisse abzufangen, geistiges Eigentum zu stehlen und unsere militärischen Aktivitäten zu behindern.

16. Strategische Wettbewerber und potenzielle Gegner investieren in Technologien, die unseren Zugang zum Weltraum und unsere Handlungsfreiheit darin einschränken, unsere Weltraumfähigkeiten schwächen, unsere zivile und militärische Infrastruktur ins Visier nehmen, unsere Verteidigung beeinträchtigen und unserer Sicherheit schaden könnten.

17. Aufstrebende und disruptive Technologien bergen sowohl Chancen als auch Risiken. Sie verändern das Wesen von Konflikten, gewinnen größere strategische Bedeutung und werden zu maßgeblichen Schauplätzen des weltweiten Wettbewerbs. Der technologische Vorherrschaft bestimmt zunehmend den Erfolg auf dem Schlachtfeld.

18. Die Aushöhlung der Rüstungskontroll-, Abrüstungs- und Nichtverbreitungsarchitektur hat sich negativ auf die strategische Stabilität ausgewirkt. Die Verletzungen und selektive Umsetzung ihrer Rüstungskontrollverpflichtungen und -zusagen durch die Russische Föderation haben zur Verschlechterung der breiteren Sicherheitslandschaft beigetragen. Der potentielle Einsatz chemischer, biologischer, radiologischer und nuklearer Stoffe oder Waffen gegen die NATO durch feindliche Staaten und nichtstaatliche Akteure bedroht unsere Sicherheit nach wie vor. Iran und Nordkorea setzen die Weiterentwicklung ihrer Atom- und Raketenprogramme fort. Syrien, Nordkorea und die Russische Föderation sowie nichtstaatliche Akteure haben bereits auf chemische Waffen zurückgegriffen. Die Volksrepublik China erweitert ihre Kernwaffenbestände rapide und entwickelt immer fortschrittlichere Trägersysteme, ohne dabei die Transparenz zu erhöhen oder sich in gutem Glauben auf Rüstungskontrolle und Risikominderung einzulassen.

19. Der Klimawandel ist eine prägende Herausforderung unserer Zeit und hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Sicherheit der Verbündeten. Er ist ein Krisen- und Bedrohungsmultiplikator. Er kann Konflikte, Fragilität und geopolitischen Wettbewerb verschärfen. Steigende Temperaturen führen zu höheren Meeresspiegeln, Feuersbrünsten und häufigeren und extremeren Wetterereignissen, durch die unsere Gesellschaften zerrüttet, unsere Sicherheit untergraben und das Leben und die Existenzgrundlage unserer Bürgerinnen und Bürger bedroht werden. Der Klimawandel hat zudem Auswirkungen auf die Funktionsweise unserer Streitkräfte. Unsere Infrastruktur, unsere Mittel und unsere Stützpunkte sind für die Folgen des Klimawandels anfällig. Unsere Streitkräfte müssen unter extremeren klimatischen Verhältnissen operieren und unsere Militärs werden häufiger zur Unterstützung im Katastrophenfall herangezogen.

Kernaufgaben der NATO

Abschreckung und Verteidigung

20. Die NATO ist zwar ein Verteidigungsbündnis, es sollte jedoch niemand an unserer Stärke und Entschlossenheit zweifeln, jeden Zentimeter des Bündnisgebiets zu verteidigen, die Souveränität und territoriale Unversehrtheit aller Verbündeten aufrechtzuerhalten und uns gegen jeden Angreifer durchzusetzen. In einem Umfeld strategischen Wettbewerbs werden wir unser globales Lagebild ausbauen und unsere Reichweite vergrößern, um im Einklang mit unserem 360-Grad-Ansatz in allen Dimensionen und Richtungen abschrecken, verteidigen, umkämpfen und die Nutzung verwehren zu können. Grundlage des Abschreckungs- und Verteidigungsdispositivs der NATO ist eine geeignete Mischung aus nuklearen, konventionellen und Raketenabwehrfähigkeiten, ergänzt durch Weltraum- und Cyberfähigkeiten. Dieses Dispositiv ist defensiv und verhältnismäßig und steht in völligem Einklang mit unseren internationalen Verpflichtungen. Wir werden militärische und nichtmilitärische Mittel auf verhältnismäßige, kohärente und integrierte Weise einsetzen, um auf die Art, zu dem Zeitpunkt und in der Dimension unserer Wahl auf alle Bedrohungen für unsere Sicherheit zu reagieren.

21. Wir werden unser Abschreckungs- und Verteidigungsdispositiv deutlich verstärken, um jedem potenziellen Gegner jegliche Möglichkeit zur Aggression zu verwehren. Zu diesem Zweck werden wir eine substantielle und durchgängige Präsenz auf dem Land, zur See und in der Luft sicherstellen, und zwar auch über eine verstärkte integrierte Flug- und Raketenabwehr. Wir werden vorne mit robusten, im Einsatzgebiet stationierten, dimensionsübergreifenden kampfbereiten Streitkräften, optimierten Führungsregelungen, einsatznah bereitgestellter Munition und einsatznah bereitgestelltem Gerät sowie einer verbesserten Fähigkeit und Infrastruktur zur schnellen Verstärkung eines jeden Verbündeten auch bei kurzer oder keiner Vorlaufzeit abschrecken und verteidigen. Wir werden das Gleichgewicht zwischen vor Ort stationierten Kräften und Verstärkung anpassen, um die Abschreckung und die Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses zu stärken. Wir werden sicherstellen, dass unser Abschreckungs- und Verteidigungsdispositiv so glaubwürdig, flexibel, maßgeschneidert und nachhaltig bleibt, wie es das Ausmaß der Bedrohungen, denen wir gegenüberstehen, erfordert.

22. Wir werden die kollektive Reaktionsfähigkeit, Reaktionsschnelligkeit, Verlegbarkeit, Integration und Interoperabilität unserer Streitkräfte weiter erhöhen. Wir werden einzeln und kollektiv das volle Spektrum an Streitkräften, Fähigkeiten, Plänen, Ressourcen, Mitteln und Infrastruktur liefern, das zur Abschreckung und Verteidigung benötigt wird, und zwar auch für hochintensive dimensionsübergreifende Kriegsführung gegen gleichwertige Wettbewerber, die Kernwaffen besitzen. Wir werden für eine robuste, resiliente und integrierte Kommandostruktur sorgen, die Verteidigungspläne der Nationen und der NATO besser aufeinander abstimmen und die Streitkräftestruktur der NATO stärken und modernisieren. Wir werden Ausbildung und Übungen stärken, unsere Entscheidungsprozesse anpassen und straffen, unsere Planung optimieren und die Wirksamkeit unseres Krisenreaktionssystems erhöhen.

23. Die maritime Sicherheit ist für unseren Frieden und unseren Wohlstand von entscheidender Bedeutung. Wir werden unser Dispositiv und unser Lagebild ausbauen, um gegen alle Bedrohungen in der Dimension See Abschreckungs- und Verteidigungsmaßnahmen zu ergreifen, die Freiheit der Schifffahrt zu wahren, Seehandelswege zu sichern und unsere Hauptverbindungsrouten zu schützen.

24. Wir werden unsere Digitalisierung vorantreiben, die NATO-Kommandostruktur an das Informationszeitalter anpassen und unsere Cyberabwehr, -netzwerke und -infrastruktur ausbauen. Wir werden Innovation fördern und vermehrt in aufstrebende und disruptive Technologien investieren, um unsere Interoperabilität und unseren militärischen Vorsprung zu erhalten. Wir werden zusammenarbeiten, um neue Technologien einzuführen und zu integrieren, mit dem Privatsektor kooperieren, unser Innovationsökosystem schützen, Standards prägen und uns zu Grundsätzen verantwortungsvoller Nutzung verpflichten, die unsere demokratischen Werte und die Menschenrechte widerspiegeln.

25. Die Wahrung der sicheren Nutzung des Weltraums und des Cyberraums und des ungehinderten Zugangs dazu ist für eine wirksame Abschreckung und Verteidigung von entscheidender Bedeutung. Wir werden unsere Fähigkeit verbessern, im Weltraum und Cyberraum wirksam zu operieren, um unter Zuhilfenahme aller verfügbaren Instrumente dem gesamten Spektrum an Bedrohungen vorzubeugen, diese zu erkennen und abzuwehren und auf diese zu reagieren. Einzelne beziehungsweise gebündelte böswillige Cyberaktivitäten oder feindliche Operationen in den Weltraum, aus dem Weltraum oder innerhalb des Weltraums könnten so schwerwiegend wie ein bewaffneter Angriff sein und dazu führen, dass der Nordatlantikrat Artikel 5 des Nordatlantikvertrags ausruft. Wir erkennen die Gültigkeit des Völkerrechts an und werden verantwortungsvolles Verhalten im Cyber- und im Weltraum fördern. Wir werden darüber hinaus die Resilienz der Weltraum- und Cyberfähigkeiten stärken, von denen wir in Bezug auf unsere kollektive Verteidigung und Sicherheit abhängen.

26. Wir werden beim Aufbau nationaler und bündnisweiter Resilienz gegenüber militärischen und nichtmilitärischen Bedrohungen und Herausforderung für unsere Sicherheit einen robusteren, stärker integrierten und kohärenteren Ansatz verfolgen, wie es in Artikel 3 des Nordatlantikvertrags als nationale Verantwortung und gemeinsame Verpflichtung verankert ist. Wir werden an der Identifizierung und Minderung strategischer Verwundbarkeiten und Abhängigkeiten arbeiten, auch mit Blick auf unsere kritische Infrastruktur, unsere Versorgungsketten und unsere Gesundheitssysteme. Wir werden die Sicherheit unserer Energieversorgung erhöhen und in stabile beziehungsweise zuverlässige Energieversorgung, Energielieferanten und Energieträger investieren. Wir werden über den Zivilschutz die Aufrechterhaltung der Regierungsgewalt, die Versorgung unserer Bevölkerungen mit notwendigen Dienstleistungen und die zivile Unterstützung unserer Streitkräfte sicherstellen. Wir werden unsere Fähigkeit stärken, uns auf strategische Schocks und Störungen vorzubereiten, ihnen standzuhalten, auf diese zu reagieren und uns schnell davon zu erholen, und die Aufrechterhaltung der Aktivitäten des Bündnisses sicherstellen.

27. Wir werden in unsere Fähigkeit investieren, uns auf den Einsatz von Zwangsmaßnahmen im politischen, wirtschaftlichen, Energie- und Informationsbereich sowie auf andere hybride Taktiken seitens staatlicher und nichtstaatlicher Akteure vorzubereiten und Abschreckungs- und Verteidigungsmaßnahmen dagegen zu ergreifen. Hybride Operationen gegen Verbündete könnten so schwerwiegend wie ein bewaffneter Angriff sein und dazu führen, dass der Nordatlantikrat Artikel 5 des Nordatlantikvertrags ausruft. Wir werden unsere Partner weiter dabei unterstützen, hybride Herausforderungen abzuwehren, und danach streben, Synergien mit anderen wichtigen Akteuren wie der Europäischen Union zu maximieren.

28. Der grundlegende Zweck der nuklearen Fähigkeit der NATO ist die Wahrung des Friedens, der Vorbeugung von Zwangsmaßnahmen und die Abschreckung von Aggression. Kernwaffen sind einzigartig. Die Umstände, unter denen die NATO den Einsatz von Kernwaffen in Betracht ziehen müsste, sind höchst unwahrscheinlich. Jeder Einsatz von Kernwaffen gegen die NATO würde die Art eines Konflikts grundlegend verändern. Das Bündnis verfügt über die Fähigkeiten und die Entschlossenheit, jedem Gegner nicht annehmbare Kosten aufzuerlegen, die weit schwerer wiegen würden als die Vorteile, die er zu erzielen erhoffen könnte.

29. Die strategischen nuklearen Kräfte des Bündnisses, insbesondere die der Vereinigten Staaten, sind der oberste Garant für die Sicherheit des Bündnisses. Die unabhängigen strategischen nuklearen Kräfte des Vereinigten Königreichs und Frankreichs nehmen eine eigenständige Abschreckungsrolle wahr und tragen bedeutend zur Sicherheit des Bündnisses insgesamt bei. Die eigenständigen Entscheidungszentren dieser Verbündeten tragen zur Abschreckung bei, indem sie das Kalkül möglicher Gegner erschweren. Das nukleare Abschreckungsdispositiv der NATO beruht auch auf vorwärtsdislozierten Kernwaffen der Vereinigten Staaten in Europa und auf den Beiträgen der betreffenden Verbündeten. Die nationalen Beiträge an Flugzeugen mit dualer Einsatzfähigkeit für den NATO-Auftrag der nuklearen Abschreckung bleiben bei dieser Anstrengung von zentraler Bedeutung.

30. Die NATO wird alle erforderlichen Schritte unternehmen, um die Glaubwürdigkeit, die Wirksamkeit und die Sicherheit des Auftrags der nuklearen Abschreckung zu gewährleisten. Das Bündnis ist entschlossen, eine höhere Integration und Kohärenz der Fähigkeiten und Aktivitäten in allen Dimensionen und im gesamten Konfliktspektrum zu gewährleisten und bekräftigt gleichzeitig die einzigartige und eigenständige Rolle der nuklearen Abschreckung. Die NATO wird eine glaubwürdige Abschreckung weiter beibehalten, ihre strategische Kommunikation stärken, die Wirksamkeit ihrer Übungen erhöhen und strategische Risiken mindern.

31. Wir werden weiter in die Abwehr chemischer, biologischer, radiologischer und nuklearer Bedrohungen investieren. Wir werden unsere Politik, unsere Pläne und unsere Ausbildung und Übungen stärken und unsere Fähigkeiten bewerten, um sicherzustellen, dass diese Anforderungen in unser Abschreckungs- und Verteidigungsdispositiv einbezogen werden.

32. Strategische Stabilität, die durch wirksame Abschreckung und Verteidigung, Rüstungskontrolle und Abrüstung sowie inhaltsvollen und gegenseitigen politischen Dialog erreicht wird, bleibt für unsere Sicherheit von grundlegender Bedeutung. Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung tragen erheblich zu den Zielen des Bündnisses bei. Die Anstrengungen der Verbündeten im Bereich der Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung haben zum Ziel, Risiken zu mindern, und sollen zu mehr Sicherheit, Transparenz, Überprüfbarkeit und Einhaltung führen. Wir werden alle Elemente der strategischen Risikominderung verfolgen, darunter die Förderung von vertrauensbildenden Maßnahmen und Vorhersehbarkeit durch Dialog, die Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses und den Aufbau wirksamer Instrumente zur Krisenbewältigung und -prävention. Diese Anstrengungen werden das jeweils aktuelle Sicherheitsumfeld und die Sicherheit aller Verbündeten berücksichtigen und das Abschreckungs- und Verteidigungsdispositiv des Bündnisses ergänzen. Wir werden die NATO als Plattform für ausführliche Diskussionen und enge Beratungen zu Rüstungskontrollanstrengungen nutzen.

33. Der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen ist das unverzichtbare Bollwerk gegen die Verbreitung von Kernwaffen und wir treten weiterhin entschieden für seine vollständige Umsetzung einschließlich Artikel VI ein. Die NATO hat zum Ziel, das Sicherheitsumfeld für eine Welt ohne Kernwaffen im Einklang mit den Zielen des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen zu schaffen.

34. Die Bekämpfung von Terrorismus ist für unsere kollektive Verteidigung von wesentlicher Bedeutung. Die Rolle der NATO im Kampf gegen den Terrorismus trägt zu allen drei Kernaufgaben bei und ist Bestandteil des 360-Grad-Ansatzes des Bündnisses bei der Abschreckung und Verteidigung. Terrororganisationen bedrohen die Sicherheit unserer Bevölkerungen, unserer Streitkräfte und unseres Gebiets. Wir werden mit einer Mischung aus Verhütungs- und Schutzmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Verwehrung der Nutzung die von Terrorgruppen ausgehenden Bedrohungen und Herausforderungen weiter abwehren und abschrecken, uns dagegen verteidigen und auf diese reagieren. Wir werden die Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft einschließlich der Vereinten Nationen und der Europäischen Union ausbauen, um die Bedingungen anzugehen, die die Ausbreitung des Terrorismus begünstigen.

Krisenprävention und -bewältigung

35. Die NATO-Verbündeten haben ein gemeinsames Interesse daran, über die NATO zusammen zu Stabilität und Konfliktbewältigung beizutragen. Wir werden weiterhin daran arbeiten, Krisen, die die Sicherheit der Verbündeten beeinträchtigen könnten, vorzubeugen und darauf zu reagieren. Wir werden auf den einzigartigen Fähigkeiten und dem einmaligen Sachverstand aufbauen, die wir bei der Krisenbewältigung erworben haben. Zu diesem Zweck werden wir über regelmäßige Übungen in Krisenreaktion, -vorsorge und -bewältigung investieren und uns unsere Fähigkeit zu Nutze machen, multinationale Krisenreaktionseinsätze zu koordinieren, durchzuführen, durchzuhalten und zu unterstützen.

36. Wir werden die Ressourcen, Fähigkeiten, Übungen und Führungsregelungen beibehalten, die für den Einsatz und die Aufrechterhaltung militärischer und ziviler Operationen zur Krisenbewältigung, Stabilisierung und Terrorismusbekämpfung erforderlich sind, auch in strategischer Entfernung. Auf den Lehren der vergangenen drei Jahrzehnte aufbauend, die auch aus unseren Einsätzen in Afghanistan gezogen wurden, werden wir unsere Reaktionsfähigkeit, unsere militärischen und zivilen Fähigkeiten und die zivil-militärische Planung und Koordinierung weiter ausbauen. Wir werden die Fähigkeit des Bündnisses weiterentwickeln, Operationen im Bereich der zivilen Krisenbewältigung und des Katastrophenschutzes zu unterstützen und sich auf die Auswirkungen von Klimawandel, Ernährungsunsicherheit und gesundheitlichen Notlagen auf die Sicherheit der Verbündeten einzustellen. Dadurch werden wir auf Krisensituationen jeglicher Art kurzfristig reagieren können.

37. Die Partner leisten einen wichtigen Beitrag zur NATO-geführten Krisenbewältigung. Wir werden die Fortsetzung der politischen Zusammenarbeit und die militärische Interoperabilität mit denjenigen Partnern weiter sicherstellen, die ein Interesse daran bekunden, zu unseren Missionen und Operationen beizutragen.

38. Wir werden unsere Anstrengungen verstärken, Krisen und Konflikte vorherzusagen und diesen vorzubeugen. Prävention trägt nachhaltig zu Stabilität und zur Sicherheit der Verbündeten bei. Wir werden die Unterstützung für unsere Partner ausbauen, auch um ihnen beim Aufbau ihrer Kapazität zur Terrorismusbekämpfung und bei der Bewältigung gemeinsamer sicherheitspolitischer Herausforderungen zu helfen. Wir werden den Umfang und die Reichweite unserer Unterstützung für den Aufbau von Sicherheit und Kapazitäten für verwundbare Partner in unserer Nachbarschaft und darüber hinaus vergrößern, um ihre Einsatzbereitschaft und Resilienz zu stärken und ihre Fähigkeiten zu verbessern, böswillige Einmischung abzuwehren, Destabilisierung vorzubeugen und Aggression abzuwehren.

39. Menschliche Sicherheit einschließlich des Schutzes von Zivilisten und der Minderung ziviler Schäden ist ein zentrales Element unseres Ansatzes bei der Krisenprävention und -bewältigung. Wir werden mit weiteren internationalen Akteuren zusammenarbeiten, um die allgemeineren Umstände, die Krisen und tiefgreifende Instabilität schüren, anzugehen und zu Stabilisierung und Wiederaufbau beizutragen. Wir werden unsere Abstimmung und Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und der Europäischen Union sowie mit anderen regionalen Organisationen wie der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und der Afrikanischen Union verstärken.

Kooperative Sicherheit

40. Die Erweiterung der NATO ist ein historischer Erfolg. Sie hat unser Bündnis gestärkt, die Sicherheit von Millionen europäischer Bürgerinnen und Bürger gewährleistet und zu Frieden und Stabilität im euro-atlantischen Raum beigetragen. Wir bekräftigen unsere Politik der offenen Tür im Einklang mit Artikel 10 des Nordatlantikvertrags als Ausdruck unserer Grundwerte und unseres strategischen Interesses an Frieden und Stabilität im euro-atlantischen Raum. Unsere Tür bleibt für alle europäischen demokratischen Staaten offen, die die Werte unseres Bündnisses teilen, willens und in der Lage sind, die Aufgaben und Pflichten einer Mitgliedschaft zu übernehmen, und deren Mitgliedschaft zu unserer gemeinsamen Sicherheit beiträgt. Beschlüsse über eine Mitgliedschaft werden von den NATO-Verbündeten gefasst und Dritte haben in diesem Prozess kein Mitspracherecht.

41. Die Sicherheit der Länder, die nach einer Mitgliedschaft im Bündnis streben, bedingt unsere eigene Sicherheit. Wir unterstützen ihre Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit nachdrücklich. Wir werden den politischen Dialog und die Zusammenarbeit mit denjenigen stärken, die einen Beitritt zum Bündnis anstreben, ihnen dabei helfen, ihre Resilienz gegenüber böswilliger Einmischung zu stärken und ihre Fähigkeiten aufzubauen, und vermehrt praktische Unterstützung leisten, um ihre euro-atlantischen Bestrebungen voranzubringen. Wir werden unsere Partnerschaften mit Bosnien und Herzegowina, Georgien und der Ukraine weiterentwickeln, um unser gemeinsames Interesse an Frieden, Stabilität und Sicherheit im euro-atlantischen Raum voranzubringen. Wir bekräftigen unseren auf dem Gipfeltreffen 2008 in Bukarest gefassten Beschluss sowie alle nachfolgenden Beschlüsse zu Georgien und zur Ukraine.

42. Der politische Dialog und die praktische Zusammenarbeit mit Partnern, beruhend auf gegenseitigem Respekt und von beiderseitigem Nutzen getragen, leisten einen Beitrag zur Stabilität jenseits unserer Grenzen, erhöhen die Sicherheit in unseren Ländern und unterstützen die Kernaufgaben der NATO. Partnerschaften sind von zentraler Wichtigkeit, um globale Gemeingüter zu schützen, unsere Resilienz zu erhöhen und die regelbasierte internationale Ordnung zu wahren.

43. Die Europäische Union ist ein einzigartiger und unentbehrlicher Partner für die NATO. Die NATO-Verbündeten und die Mitglieder der EU teilen dieselben Werte. Die NATO und die EU spielen bei der Förderung von Frieden und Sicherheit auf der Welt eine einander ergänzende, kohärente und sich gegenseitig verstärkende Rolle. Auf der Grundlage unserer langjährigen Zusammenarbeit werden wir die strategische Partnerschaft zwischen der NATO und der EU ausbauen, politische Konsultationen stärken und die Zusammenarbeit bei Fragen von gemeinsamem Interesse, wie der militärischen Mobilität, der Resilienz, den Auswirkungen des Klimawandels auf die Sicherheit, aufstrebenden und disruptiven Technologien, der menschlichen Sicherheit, der Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ sowie der Abwehr von Cyber- und hybriden Bedrohungen und der Bewältigung der von der Volksrepublik China ausgehenden systemischen Herausforderungen für die euroatlantische Sicherheit, erhöhen. Für die Weiterentwicklung der strategischen Partnerschaft zwischen der NATO und der EU ist die größtmögliche Einbindung der nicht zur EU gehörenden Verbündeten in die Anstrengungen der EU im Verteidigungsbereich von wesentlicher Bedeutung. Die NATO weiß um den Wert einer stärkeren und leistungsfähigeren europäischen Verteidigung, die einen positiven Beitrag zur transatlantischen und weltweiten Sicherheit leistet, die NATO ergänzt und mit ihr interoperabel ist. Initiativen zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben und zur Entwicklung kohärenter, sich gegenseitig verstärkender Fähigkeiten, bei denen unnötige Dopplungen vermieden werden, sind für unsere gemeinsamen Anstrengungen, den euro-atlantischen Raum sicherer zu machen, von entscheidender Bedeutung.

44. Wir werden unsere Beziehungen zu Partnern intensivieren, die die Werte des Bündnisses teilen und wie das Bündnis ein Interesse daran haben, die regelbasierte internationale Ordnung zu wahren. Wir werden den Dialog und die Zusammenarbeit stärken, um diese Ordnung zu verteidigen, unsere Werte zu wahren und die Systeme, Standards und Technologien zu schützen, von denen sie abhängig sind. Wir werden stärker auf Länder in unserer weiteren Nachbarschaft und rund um den Globus zugehen und bleiben offen für Gespräche mit allen Ländern und Organisationen, wenn dadurch unsere gegenseitige Sicherheit gestärkt werden könnte. Unser Ansatz bleibt interessenorientiert, flexibel und an der Bewältigung gemeinsamer Bedrohungen und Herausforderungen ausgerichtet und kann weiter dem Wandel geopolitischer Gegebenheiten angepasst werden.

45. Die Westbalkanstaaten und der Schwarzmeerraum sind für das Bündnis von strategischer Bedeutung. Wir werden die euro-atlantischen Bestrebungen interessierter Länder in diesen Regionen weiter unterstützen. Wir werden die Anstrengungen zur Verbesserung ihrer Fähigkeiten zur Bewältigung ihrer spezifischen Bedrohungen und Herausforderungen erhöhen und ihre Resilienz gegenüber böswilliger Einmischung und Zwang seitens Dritter steigern. Wir werden mit Partnern daran arbeiten, gemeinsame Bedrohungen und Herausforderungen für die Sicherheit in Regionen von strategischem Interesse für das Bündnis anzugehen, auch im Nahen Osten und in Nordafrika sowie in der Sahel-Region. Der indopazifische Raum ist für die NATO wichtig, da Entwicklungen in dieser Region unmittelbare Auswirkungen auf die euro-atlantische Sicherheit haben können. Wir werden den Dialog und die Zusammenarbeit mit neuen und bestehenden Partnern im indopazifischen Raum stärken, um regionenübergreifende Herausforderungen anzugehen und gemeinsame sicherheitspolitische Interessen zu verfolgen.

46. Die NATO sollte die führende internationale Organisation dafür werden, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Sicherheit zu verstehen und sich entsprechend anzupassen. Das Bündnis wird sich an die Spitze der Anstrengungen stellen, die Auswirkungen des Klimawandels auf Verteidigung und Sicherheit zu bewerten und diese Herausforderungen anzugehen. Wir werden weiter zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen, indem wir Treibhausgasemissionen reduzieren, die Energieeffizienz erhöhen, in den Übergang zu sauberen Energieträgern investieren und grüne Technologien einsetzen, während wir gleichzeitig die militärische Wirksamkeit und ein glaubwürdiges Abschreckungs- und Verteidigungsdispositiv sicherstellen.

Sicherstellung des anhaltenden Erfolgs des Bündnisses

47. Investitionen in die NATO sind der beste Weg, den fortwährenden Bund zwischen den europäischen und nordamerikanischen Verbündeten sicherzustellen und gleichzeitig zu Frieden und Stabilität auf der Welt beizutragen. Wir werden unsere politische Geschlossenheit und unsere Solidarität weiter stärken und unsere Konsultationen erweitern und vertiefen, um alle Fragen anzugehen, die unsere Sicherheit betreffen. Wir verpflichten uns, Konsultationen zu verstärkten, wenn die Sicherheit und Stabilität eines Verbündeten bedroht wird oder unsere Grundwerte und Grundsätze in Gefahr sind.

48. Wir werden Verantwortlichkeiten und Risiken hinsichtlich unserer Verteidigung und Sicherheit gerecht aufteilen. Wir werden alle Ressourcen, Infrastruktur, Fähigkeiten und Kräfte, die erforderlich sind, bereitstellen, um unsere Kernaufgaben vollständig zu erfüllen und unsere Beschlüsse umzusetzen. Wir werden sicherstellen, dass unsere Nationen die Verpflichtungen im Rahmen der Zusage zu Investitionen im Verteidigungsbereich (Defence Investment Pledge) vollständig erfüllen, sodass das gesamte Spektrum an benötigten Fähigkeiten bereitgestellt werden kann. Wir werden auf den erzielten Fortschritten aufbauen und sicherstellen, dass die erhöhten nationalen Verteidigungsausgaben und die erhöhte Gemeinschaftsfinanzierung der NATO den Herausforderungen einer stärker umkämpften Sicherheitsordnung entsprechen werden.

49. Die NATO ist für die euro-atlantische Sicherheit unverzichtbar. Sie garantiert unseren Frieden, unsere Freiheit und unseren Wohlstand. Als Verbündete werden wir weiter Seite an Seite stehen, um unsere Sicherheit, unsere Werte und unsere demokratische Lebensweise zu verteidigen.


Link zur englischen Originalfassung.



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